Coaching To Go: Good Cop, Bad Cop
05.11.2019Die 6 Führungsstile – und wie führst du?
21.11.2019Wenn ich als Coach neu in ein Unternehmen komme, dauert es nie lange, bis sie mir über den Weg laufen: Rabattmarken. Leider sind sie in vielen Teams so beliebt, dass über Jahre ganze Sammelhefte damit gefüllt werden und irgendwann schwer auf der Stimmung liegen. Du bist jetzt sicherlich etwas verwirrt, ich garantiere dir aber, dass dir das Prinzip auch schon begegnet ist.
Sammeln, horten, lagern – Rabattmarken schlucken Energie und Kapazität
Immer wieder verlangen wir von uns selbst: „Jetzt mach mal lieber nicht die Mücke zum Elefanten!“ Wir schlucken es herunter, wenn wir uns ungerecht behandelt fühlen, statt den Mund aufzumachen und klar zu kommunizieren, was uns stört. Kommt dir das bekannt vor? Jedes Mal, wenn das passiert, klebst du eine Rabattmarke in dein Sammelheft. Du vernachlässigst deine eignen Bedürfnisse, damit du eine andere Person nicht auf ihren Fehler ansprechen musst – du gewährst dieser Person „Rabatt“ auf deine Kosten. Ob aus falscher Rücksichtnahme – der andere soll sich ja nicht schlecht fühlen – oder aus Unterdrückung der eigenen Gefühle – ich interpretier da bestimmt zu viel rein! – das Ergebnis bleibt dasselbe.
Du sammelst und sammelst und sammelst und irgendwann ist dein Heft vollgeklebt. Dann fehlt nur noch die eine Rabattmarke, der berühmte letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, und du kannst einfach nicht mehr hinterm Berg halten. Der ganze Frust, der sich angestaut hat, kommt explosionsartig hoch – und das ganz oft in einer Situation, die dafür völlig unpassend ist. Der Partner hat vergessen, Milch einzukaufen, der Mitarbeiter kommt ein paar Minuten zu spät … und du bist plötzlich so dermaßen in Rage, dass die innere Bombe platzt. Dein Gegenüber kann das an der Stelle gar nicht mehr nachvollziehen – es weiß ja nicht, wie fleißig du in seinem Namen Marken gesammelt hast.
Damit es gar nicht erst so weit kommt, ist mein einfacher Ratschlag folgender: Markensammeln lohnt sich nicht! Statt – vermeintlich – tapfer alles über dich ergehen zu lassen, Ballast zu sammeln und Ärger zu schlucken, mach den Rabattmarken ein Ende.
Vergeben und vergessen – wenn es nur so einfach wäre
Eine gute Strategie, das Rabattmarkenheft endgültig loszuwerden, ist das Vergeben. Etwas zu vergeben ist zwar oft alles andere als leicht, aber es wird dir helfen, den eigenen Kopf frei zu machen. Alle negativen Gedanken rauben vor allem dir selbst Kraft, die du eigentlich ganz woanders gebrauchen kannst.
Du kannst das Verzeihen lernen. Stelle dir im Ärger die folgende Frage: Was ist wichtiger – die Sache oder mein eigener Seelenfrieden?
Ich kann dir versprechen, dass die richtige Antwort in jedem Fall die letztere ist … auch, wenn dir dein eigener Stolz manchmal noch ins Ohr flüstert, dass du in der Sache ja eigentlich schon irgendwie im Recht bist! Wenn du aber erst einmal verstanden hast, dass Verzeihen kein Eingeständnis ist – sondern ein aktives Loslassen – dann fällt es dir leichter, mit einem Streitpunkt abzuschließen.
Am Ende profitierst immer du, wenn du etwas verzeihst! Und du wirst überrascht sein, wieviel Platz in deinem Rabattmarkenheft plötzlich frei geworden ist.
Probleme klären, wo sie entstehen
Wenn dein Kollege den lang vereinbarten Termin verpasst, dein Partner die Spülmaschine mal wieder gekonnt ignoriert oder die Nachbarn schon die dritte lautstarke Samstagabendparty in Folge geben (ohne dich einzuladen …) – dann wird es Zeit, den Mund aufzumachen.
Statt die nächste Rabattmarke in dein Sammelalbum zu kleben, kannst du ganz gezielt üben, Konflikte offen anzusprechen. Am besten tust du das, ohne lange Gras über die Sache wachsen zu lassen. Also sofort dann, wenn es passiert.
Wenn du jetzt die Befürchtung hast, deine Mitmenschen könnten denken, dass du gern mal überreagierst, kann ich dich beruhigen. Ich habe mit dieser Methode nur gute Erfahrungen gemacht – nicht selten kommt sogar ein Dankeschön, wenn ich jemanden auf sein Verhalten aufmerksam mache. Natürlich gehört es dazu, einen passenden und wertfreien Ton anzuschlagen und auch andere Meinungen zuzulassen. Oft hilft es aber schon, sich ein Thema einfach mal von der Seele zu reden. Und das wissen in aller Regel auch deine Mitmenschen.
Mit der Zeit kann sich so sogar eine völlig neue „Streitkultur“ in deinem Umfeld entwickeln, die von offener Kommunikation geprägt ist und Vertrauen schafft. Wenn du also irgendwann auf deine eigenen Versäumnisse angesprochen wirst – freu dich! Erstens hast du die Chance bekommen, es das nächste Mal besser zu machen, zweitens findet deine neue Einstellung zu Konflikten positiven Anklang bei deinen Mitmenschen und drittens: Du bist nicht zu einer Rabattmarke im Heft eines anderen geworden!
Mach dich obenrum frei
Wer sich gegen das Rabattmarken-Sammeln entscheidet, hat den Kopf frei! Das gilt nicht nur für dich als Einzelperson, sondern auch in deiner Beziehung, Familie, in deinem Team … Die offene Kommunikation wird das Vertrauen in deinem Umfeld stärken und robust machen gegen Frustration.
Wenn du dich sofort ans Decluttering deiner Rabattmarken-Sammlung machen willst – worauf wartest du? Schreib dir mindestens drei „Rabattmarken“ auf, die dich in letzter Zeit beschäftigt haben. Dann kläre die Situationen, indem du die Personen, denen du fälschlicherweise einen Rabatt gegeben hast, offen darauf ansprichst. Leg los!